Rikard Sjöblom (Beardfish) über “The Unbendable Sleep”

»Die Einhörner überlasse ich Magnum«

Beardfish-Mastermind Rikard Sjöblom hat sein Soloalbum “The Unbendable Sleep” herausgebracht. Grund genug für zwei unserer Betreuer, sich in gemütlicher Atmosphäre zu einem sehr entspannten Gespräch via Skype mit ihm zu treffen. Im knapp halbstündigen Interview erwies Rikard sich als äußerst angenehmer und auskunftsfreudiger Zeitgenosse. 

Dieter: Hallo Rikard, schön dass das mit mit dem Interview so reibungslos klappt.

Henni: Hallo, ich habe die Rezension zu Deinem Album geschrieben, das mir nebenbei bemerkt richtig gut gefällt.

Oh, danke!

Dieter: Zunächst interessiert uns, wie das Album entstanden ist – die Entwicklung, die Aufnahmen, und so weiter.

Ja. Ich glaube die Sache ist, dass ich Aufnehmen eigentlich grundsätzlich schon immer sehr mochte. Insbesondere mag ich es auch, hin und wieder alleine aufzunehmen. Es muss irgendwann 2014 gewesen sein, da habe ich an ein paar Songs gearbeitet. Es war wohl kurz bevor ich von Big Big Train engagiert worden bin.

Dieter: Darauf möchten wir später noch näher eingehen.

Dann hat es sich so ergeben, dass ich mit etlichen anderen Projekten beschäftigt war – sowohl mit Beardfish, als auch mit Big Big Train. Also blieben diese Songs erstmal liegen und ich kam erst vergangenen August dazu, weiter an ihnen zu arbeiten. Zuerst habe ich zu Hause an meinem Computer aufgenommen. Das funktionierte ziemlich gut und ich habe mich recht schnell entschieden, dass ich viele Instrumente selber spielen wollte, was  ich lange nicht mehr getan hatte. Ich glaube, zuletzt auf “Lamentations” von Gungfly 2009. Da hatte ich wirklich große Lust drauf. Zum Beispiel wieder mal selber Drums zu spielen. Solche Sachen eben.

Henni: Welche Instrumente hast Du selbst eingespielt? Soweit wir wissen, hattest du auch ein paar Gäste im Studio. Welche waren das?

Ich hatte Petter und Rasmus Diamant mit dabei, mit denen ich regelmäßig bei Gungfly zusammenarbeite. Petter ist ein super Typ, er spielt bei ‘Rhyme and Reason’, ‘Will we Cry?’, ‘Northern Skies’ und ‘Anna-Lee’ Schlagzeug. Sein Bruder Rasmus spielt Bass auf ‘Anna -Lee’ und ‘Rhyme and Reason’. Sie sind ein tolles Team. Robert Hansen von Beardfish spielt den Bass auf dem letzten Song, ‘Love and War, Part Two’. Ansonsten habe ich alle Instrumente selbst gespielt – wie bereits gesagt, es macht mir eine Menge Spaß. Aber ich kenne natürlich auch meine Grenzen, deshalb haben die Jungs ihre Parts übernommen.

Dieter: Ich habe mich gefragt, warum du das Album nicht über InsideOut Music veröffentlicht hast. Gab es kein Angebot von deren Seite oder andere Gründe?

Ich habe mit Thomas Waber von InsideOut darüber gesprochen. Aber es schien zu dem Zeitpunkt nicht zu passen, obwohl sie das Album gemocht haben.

 

Rikard Sjöblom - The Unbendable Sleep

Dieter: Soweit ich weiß, gab es kürzlich Veränderungen bei Insideout, der Vertrieb hat wohl von Universal zu Sony gewechselt.

Davon weiß ich nichts, aber ich bin auch nicht auf dem Laufenden.

Henni: Eine weitere Sache, die uns in den Sinn kam war, dass Progressive Rock für viele Leute eine sehr, sehr ernste Angelegenheit ist.

Dieter: Ja, wirklich. Prog ist eine sehr ernste Sache! Und ich habe das Gefühl, bitte entschuldige: Du nimmst ihn nicht ernst genug.

[lacht]

Henni: Du verstehst den Spaß. Im Ernst, wir mögen das sehr: Die Art und Weise, wie Du Humor, teils auch Sarkasmus, in Deine Lyrics einfließen lässt. Reflektiert das ein wenig Deine Lebenseinstellung?

Ja, ich bin nicht der Typ, der unbedingt ernst und verbindlich wirken will – weder bei den Texten, noch bei der Musik.

Dieter: Also ich vermisse die Einhörner.

Henni: lacht.

Du vermisst was?

Dieter: die Einhörner!

Ah ja, die Einhörner, verstehe. Weißt du, die überlasse ich Magnum! Nein, im Ernst: Ich mochte es schon immer, wie beispielsweise Frank Zappa dazu in der Lage war, die verrücktesten Sachen zu tun. Vermutlich habe ich zu viel Zappa gehört.

Dieter: Zurück zu Deinem aktuellen Output. Ich habe den Eindruck, dass “The Unbendable Sleep” etwas gradliniger ist als beispielsweise “Sleeping in Traffic”. Liegt es daran, dass es Dein Soloalbum ist?

Nein. es ist gar kein so großer Unterschied, ob ich für Beardfish schreibe oder für mich selbst. Ich habe aber den Fehler gemacht, dass ich ihnen, den Beardfish-Jungs, Anfang letzten Jahres einige meiner Songs vorgespielt habe. Die haben ihnen sehr gefallen, also wären daraus um ein Haar Beardfish-Songs geworden. Ich halte aber auch nicht einzelne Stücke für das eine oder andere Projekt zurück. Da aber jetzt Zeit dafür war, dieses Soloalbum zu machen, sind sie dort gelandet. Ein paar übrige werden sicherlich auf dem nächsten Beardfish-Album zu finden sein. Ich denke auch, dass ein paar der Solo-Stücke in eine Pop-/Rock-Richtung gehen, die nicht so sehr zu Beardfish gepasst hätte.

 

Dieter: Ich hab das Gefühl, dass einige Deiner Texte auf “The Undendable Sleep” mit jenen auf dem letzten Beardfish-Album zu tun haben.

Na ja, einige der Lyrics und Songideen wurden zur etwa gleichen Zeit geschrieben, ich hatte da einfach eine total kreative Phase. So sind einige Parts auf dem letzten Beardfish-Output gelandet und andere auf der Solo-CD. Ich habe noch weitere Ideen unfertig in der Schubade. Wir werden sehen, was aus ihnen wird.

Dieter: Die nächste Frage muss ich stellen,  weil ich bei betreutesproggen.de unter anderem für die LP-Ecke zuständig bin. Kommt “The Unbendable Sleep” auch auf Vinyl heraus?

Ja, definitiv. Allerdings in einer sehr limitierten Edition von nur rund 300 Exemplaren. Beim englischen Label plaingroovy, das wirklich gute Arbeit abliefert.

Dieter: Das ist etwas schade, gerade für Deine deutschen Hörer, denn die Lieferkosten hierher sind extrem hoch.

Ich weiß. Ich habe selbst einige Beardfish-Alben dort bestellt. Sie pressen sie in Deutschland, liefern sie zur Kontrolle nach Schweden, und dann gehen sie zurück nach England. Verrückt irgendwie! Aber wenigstens stimmt die Qualität, die ist wirklich super.

Henni: Du erwähntest, dass Beardfish erst im Sommer wieder an neuer Musik arbeiten werden. Bis dahin ist ja noch ein bisschen freie Zeit. Hast Du da etwas Bestimmtes geplant, wird es auch Solokonzerte geben?

Ich versuche im Moment ein paar Gigs zu buchen. Aktuell ist leider erst ein Auftritt in England für Ende Mai geplant, das Datum steht noch nicht fest. Das wird aber definitiv ein Solo-Gig werden – nur ich und meine Gitarre sozusagen. Für den Herbst hoffe ich mit einer kompletten Band noch ein paar Auftritte machen zu können, hierfür finden bereits Gespräche statt. (Update: Mittlerweile stehen die Daten für England im Mai 2016 fest, sie finden sich auf Rikards Facebook-Seite).

Dieter: Die nächste Frage schweift ein wenig vom Thema “Unbendable Sleep” ab. Wie kam es dazu, dass Du Big Big Train beigetreten bist?

Das ist eine ganz lustige Geschichte. Es war, glaube ich, auf einer Tour 2013, Beardfish war als Vorgruppe von Spock’s Beard unterwegs. Rob Aubrey war als Tontechniker dabei. Er ist auch Tontechniker bei Big Big Train und hat fast alle ihre Alben aufgenommen. Nach der Tour nahm er Kontakt mit mir auf und fragte, ob ich mir vorstellen könnte bei ihnen als Session-Musiker auszuhelfen. Ich habe da nicht lange überlegt und einfach zugesagt. Ehe ich mich versah, saß ich auch schon in den Realworld Studios in London. Big Big Train filmten damals übrigens auch eine Doku, immerhin hatten sie zu dem Zeitpunkt länger nicht mehr zusammengearbeitet. Es zeigte sich ziemlich schnell, dass das alles richtig gut funktionierte. Am letzten Tag der Session fragte mich Gregory Spawton, ob ich mir auch vorstellen könne festes Mitglied der Band zu werden. Ich sagte sofort ja, denn Big Big Train sind großartig.

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Dieter: Dazu kann man Dir nur gratulieren. Ich  habe sowieso das Gefühl, dass es in der Progressive-Rock-Szene weniger Unstimmigkeiten zwischen Musikern gibt, als dies vielleicht in anderen Genres der Fall ist. Es wirkt oft wie eine große Familie, jeder hilft auch mal dem Anderen.

Ja, das ist wirklich so. Wir hatten bislang zu allen Bands, mit denen wir zu tun hatten, ein sehr gutes Verhältnis. Es herrscht da fast immer eine total entspannte Atmosphäre.

Henni: Wir näheren uns so langsam dem Ende des Interviews, aber eine Frage brennt mir persönlich noch unter den Nägeln. Ein Song Deiner neuen CD, der mir außerordentlich gut gefällt hat, heißt ‘Anna-Lee’. Wer ist das?

Oh, Mann (lacht)! Was ich sagen kann: Sie ist nicht real. Ich habe in den letzten Jahren einige Songs geschrieben, die sich mit dem weiblichen Teil unserer Spezies befassten. All diese Frauen haben beinahe außerirdische Qualitäten. Da gibt es z.B. noch einen weiteren, bislang unveröffentlichten Song: Ein Typ läuft durch die Gegend und er trifft auf eine unbekannte Frau, die ihm beibringt sich wirklich umeinander zu kümmern und sich zu lieben in dieser total verrückten Welt. Ziemlich verrückter Bullshit, den ich da gerade erzähle?

Henni: Nein, überhaupt nicht.

Eigentlich sollte das Stück ‘Anna-Lee is everywhere now ‘heißen, was man als ‘ALIEN’ hätte abkürzen können. Ich habe es dann allerdings bei ‘Anna-Lee’ belassen.

Dieter: OK, jetzt habe ich es auch kapiert. Eine weitere Sache die mich beschäftigt: Auf dem letzten Beardfish-Album gab es diesen Song ‘Ode To The Rock ‘n’ Roller“. Kann es sein, dass Du auch mal in einer Coverband gespielt hast? Eventuell sogar um Geld zu verdienen?

Leider kann ich weder von Beardfish noch von meinen Solosachen allein leben. Also muss ich nebenbei andere Jobs übernehmen, das finde ich auch gar nicht weiter schlimm. Nur manchmal ärgert man sich dann doch ein wenig darüber, dass man mit den Ideen andere Leute mehr Geld verdient als mit den eigenen. Daher kommt auch der Text zu dem Song.

Dieter: Er hat uns zum Lachen gebracht.

Henni: Rikard, es war eine sehr nette Unterhaltung mit Dir. Danke dafür.

Mir hat es auch Spaß gemacht.

Die Fragen stellten Henrik Kropp und Dieter Hoffmann

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