(78:08, CD, Sireena, 2015)
Wenn sich in den für Progfans seligen 1970er-Jahren eine Band in Trio-Formation mit Keyboards, Bass und Schlagzeug in Stellung brachte und den Tasteninstrumenten in ihrem Klangbild breiten Raum einräumte, geriet sie rasch in den Ruch sich an Emerson, Lake & Palmer zu orientieren, die seinerzeit voll im Saft standen. In Deutschland haftete dieses Etikett sowohl Triumvirat als auch Tritonus an. Bei beiden trifft es zu, allerdings haben die flotten Dreier daraus in jeweils häufig wechselnder Besetzung recht Unterschiedliches gemacht.
Triumvirat um den Kölner Keyboarder Jürgen Fritz waren über die gesamte Dekade präsent. Die Gruppe deckte eine Spannbreite von Klassik-, über Progressive- bis zu Mainstream-Rock ab. Sie veröffentlichte drei gute und zwei großartige Longplayer, mit denen sie auch international punkten konnte (“Illusions On A Double Dimple” und “Spartacus“), bevor sie mit ihren beiden letzten Alben in seichten Gewässern auf Grund lief und ein bedauernswertes Ende nahm. Insbesondere mit dem bombastischen Konzeptalbum “Spartacus” waren die Deutschen Keith Emerson, Greg Lake und Carl Palmer zuvor auf Augenhöhe begegnet. Jürgen Fritz schrieb dem Rezensenten einmal, er habe diese Zeit sehr genossen, mit der Vergangenheit aber ein- für allemal abgeschlossen. Das ist sehr schade, dazu weiter unten noch ein paar Worte.
Tritonus mit dem Keyboarder und Komponisten Peter Seiler aus Mannheim existierten weniger lange, waren klarer auf ELP-Kurs und brachten es lediglich auf zwei Alben – das selbstbetitelte Debüt (1975) sowie “Between the Universes” (1976). Mit ihnen behielt die Band trotz wohlwollender bis guter Kritiken bis heute ihren Geheimtipp-Status. Vielleicht eine späte kleine Genugtuung, dass Tritonus der Konkurrenz von damals inzwischen in mindestens einer Hinsicht um eine Nasenlänge voraus sind. Dank der unermüdlichen Schatzsucher beim Sireena-Label liegt von ihnen nämlich jetzt, bald vierzig Jahre nach der Trennung, ein offizieller Livemitschnitt vor: “Far In The Sky – Live At Stagge’s Hotel 1977” dokumentiert ein Konzert, das die Band im Oktober 1977 im Stagges Hotel, einem zu jener Zeit wohl ziemlich angesagten Club im niedersächsischen Osterholz-Scharmbeck, gab. Dort stand am 14. Oktober die letzte Tritonus-Besetzung mit Peter Seiler, Bassist und Sänger Rolf D. Schnapka sowie Schlagzeuger Arthur Weiss auf der Bühne.
Ob das ganze Konzert festgehalten ist, geht aus dem zwölfseitigen, mit historischen Fotos und einem netten aktuellen Schnappschuss der Musiker versehenen Booklet nicht hervor, für das Sireena-Chef Tom Redecker die ansonsten informativen Liner Notes schrieb. Zu hören sind hier jeweils drei Titel der genannten Studioalben und ein Stück namens ‘The Trojan Horse Race’, das 1978 noch stark gekürzt als Single erschien, bevor sich die Wege der Musiker trennten.
Genretypisch haben wir es überwiegend mit Longtracks zu tun – zwei liegen jenseits der Zehnminuten-Marke, drei weitere kratzen an der Viertelstunde. Soliert wird bis die Fingerkuppen glühen, vor allem von Tastenzauberer Seiler. Er zeigt, warum man ihn hierzulande zu den Besten seiner Zunft zählte und zieht an Orgel und Synthesizer alle Register die es braucht, um Liebhabern opulenter Klänge und elektronischer Frickeleien wohlige Schauer über den Rücken zu schieben. Auch Rolf D. Schnapka kommt immer wieder eindrucksvoll zur Geltung, wenn er den Bass ordentlich knallen lässt und damit markante Akzente setzt. Nach Emerson, Lake & Palmer klingt es hier recht häufig – vor allem deren Opus Magnum ‘Karn Evil 9’ scheint gleich mehrfach durch. So auch beim letzten Stück, wo Arthur Weiss im Alleingang seine Trommeln und Bleche ähnlich furios traktiert, wie es Carl Palmer bei ‘Karn Evil 9’ auf ELPs Live-Meilenstein “Welcome back my friends …“ über viele Minuten hinweg genussvoll zelebrierte. Dennoch ist das Ganze kein platter ELP-Abklatsch. Tritonus haben durchaus ihre eigenen Trademarks, und beim Hören kommt einem immer wieder auch Krautrock-Verwandschaft wie Grobschnitt, Jane und, in einigen schönen getragenen Abschnitten, auch Novalis in den Sinn.
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Leider trübt die mäßige Klangqualität die Freude an alldem ein wenig. Sie genügt keinen hohen Ansprüchen und mutet fast wie eine bestmöglich aufgemöbelte Audience-Aufnahme an – Bootleg-Sammler wissen, was gemeint ist. Für eine offizielle Veröffentlichung geht es gerade noch in Ordnung. Alles in allem gibt “Far in the Sky – Live at Stagge’s Hotel 1977” ein schönes Zeitdokument ab, und es macht Lust darauf sich auch die Tritonus-Studioalben wieder mal zu Gemüte zu führen.
Kurz zu Triumvirat zurück: Von deren “Spartacus”-Tour in den USA müsste ein Livemitschnitt existieren, denn zwanzig Minuten davon in toller Tonqualität finden sich auf verschiedene CD-Reissues verteilt. Ein komplettes Konzert hören zu können, das wäre ein Traum. Davon gälte es jetzt nur noch Jürgen Fritz zu überzeugen. Sireena, bitte übernehmen Sie!
Bewertung: 7/15 Punkten (KR: 12, DS 7)
Surftipps zu Tritonus:
Prog Archives
Homepage von Peter Seiler
“Between The Universes” @ YouTube
Ein Kommentar
Von Triumvirat existiert meines Wissens sogar ein nicht veröffentlichtes Album (ca. 2001-2002), das den Titel “Website-Story” haben sollte. Es gab sogar neue Triumvirat Internetseite, aber irgendwann verlief das wohl im Sand.