Prophecy Fest, 19.09.2015, Balve, Balver Höhle

Die Höhle ist der Headliner

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Respekt! Ein völlig neues Format in den mit Festivals dicht gespickten Spätsommer zu rammen, damit aus dem Stand fast 1.300 zahlende Gäste aus 33 Nationen anzulocken, von denen fast ausschließlich begeisterte Kommentare einheimsen – was Prophecy Productions mit dem “Prophecy Fest” gelungen ist, schien uns zunächst eigentlich kaum machbar…

Zumal wir ohnehin vorab weniger als sonst wussten, was uns erwarten würde. Klar, man kennt und schätzt das Label aus Zeltingen-Rachtig nun schon seit vielen Jahren, fühlt sich dem einen und dem anderen Mitwirkenden sogar freundschaftlich verbunden, aber am Ende des Tages kannte unsereiner vorab dann eben doch nur zwei der Bands aus dem Billing und hatte darin Namen wie Antimatter, Dark Suns, Nucleus Torn, Secrets Of The Moon (über Crone ja dann teilweise doch vertreten) oder vielleicht sogar Negura Bunget vermisst…

Das alles stellte sich aber binnen kürzestem als komplett unwichtig heraus. Als bestimmende Faktoren dieses ungemein gelungenen Festivalstarts erwiesen sich vielmehr schnell der schroffe Zauber des Sauerlands, die hervorragende Stimmung unter den Festivalteilnehmern, das die Prognosen ganz erheblich übertreffende Wetter und nicht zuletzt der heimliche Top-Act – die Höhle selbst!

Zunächst einmal stellte sich allerdings heraus, dass das bereits vor vielen Monaten nach der ersten Festival-Ankündigung eher reflexhaft gebuchte Hotel mit Balver Adresse tatsächlich dann doch stramme neun Kilometer vom Ort der Begierde – der Karsthöhle – entfernt lag. Glücklicherweise hatte auch Fotograf und Spannmann Tobi Lust auf eine akklimatisierende Wanderung, die dann auch aufs Angenehmste bewältigt wurde – obwohl der Marsch uns die Begutachtung der ersten Band Crone (und deren Live-Premiere) gekostet hat.

Auf dem Gelände angelangt konnten wir mit dem fulminanten (letzten?) Auftritt von Lifelover einsteigen. Das Black Metal-, Gothic- bis Punk-Konglomerat der u.a. aufgrund eines Todesfalls eigentlich bereits aufgelösten, aufwändig geschminkten Schweden kam zu dieser frühen Stunde zwar heftig, aber durchaus gut. Am besten gefielen uns dabei die orchestralen Intros zu vielen Songs.
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Dies wurde gleich von einem unserer Fest-Favoriten gefolgt: Amber Asylum ist ein Damenquartett aus San Francisco, das mit zwei Violinen, Schlagzeug und Bass sowie an Kari Rueslåtten erinnernden Gesang eine besondere, zarte, sehr atmosphärische Musik präsentiert.

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Es blieb zunächst neo-klassisch, doch am symphonischen Dark Wave von Camerata Mediolanense schieden sich die Höhlen- bzw. Kellergeister. Für manche war die von einem vielköpfigen Chor unterstützte italienische Formation “Gänsehautsieger”, andere konnten die Songs “nur mit großer Mühe entschlüsseln”. Musikalisch erinnerte uns das seitens des von manchen übrigens als “rechtsextrem” geouteten Ensembles Dargebotene teilweise an wenig an Bartok à la Corvus Corax.

Die Lesung von Helrunar-Frontmann Marcel Dreckmann als “Wöljager” fiel für uns zugegeben aufgrund einer ersten längeren Balve-Erkundung flach, dem Vernehmen nach wurden aber Münsterlander (nicht Sauerländer) Sagen ansprechend dargeboten.

Zeit für Jayn H. Wissenberg alias Darkher. Verstärkt durch Martin T. Wissenberg (Gitarre) und Shaun Taylor Steel brachten sie Singer-/Songwriter-Qualitäten ins Felsenreich, teils an eine düstere Ausgabe von Heather Nova gemahnend.
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Den durch einen nicht enden wollenden Empyrium-Soundcheck erstmals ins Wanken geratene Fest-Zeitplan abermals für Ausflüge ins Umland nutzend haben wir vom Auftritt der Empyriker, der ersten Prophecy-Band überhaupt, nicht alles mitbekommen. Fans des Schaffens von Markus Stock alias Ulf Theodor Schwadorf kamen hier jedenfalls sicher auf ihre Kosten, auch wenn Live-Gitarrist Neige (Alcest) diesmal leider nicht dabei sein konnte.
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Auch die langjährig und tief verehrten Finnen Tenhi brauchten unanständig lange für ihren Soundcheck. Als es dann endlich losging, waren manche begeistert (kaum eine Musik scheint so perfekt in die Höhle zu passen, wie dieses akustisch begleitete Schamanengemurmel), andere entnervt. Und wir konnten nach so vielen auf den Beinen verbrachten Stunden allmählich auch nicht mehr – unser Pech, nicht das von Dornenreich (kurze Überraschungs-Show) und Vemod (Progressive Black Metal), die dem Vernehmen nach aber beim inzwischen zahlenmäßig deutlich reduziertem Publikum ausgezeichnet ankamen.

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PS: Danke, jederzeit gerne wieder! Apropos – das nächste Prophecy Fest findet vom 29. bis 30.07.2016 statt, natürlich wieder in der urigen Höhle. Tickets gibt es hier, frühzeitige Bevorratung und kluge Wahl des Übernachtungsorts sind angeraten.

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Pro

  • Atmosphäre: Die Höhle, das Publikum und das Label sind weitaus wichtiger als “Headliner”
  • reibungsarme Organisation
  • alle Acts bieten “Meet&Greet” bzw. Signing sessions an
  • unglaublich liebevoll gestaltetes, wertiges Programm”heft” (48-seitiges, vierfarbig und edel gedrucktes, gebundenes Buch im Quarto-Format mit handschriftlichen Grußworten sowie einer CD mit Beispielsongs aller Künstler
  • trotz irrem Andrang bestens funktionierende Getränke- und Futterstände inklusive vegetarischer Kost.

Contra

  • Keine aktuellen Informationen zum Time Schedule
  • überrannte Merchandise-Stände.

 

Fragen an Stefan Belda, Prophecy Productions:

Wie zufrieden ist das Label mit dem Festival-Debüt?

Sehr! Dafür dass wir das erste Mal eine Veranstaltung in dieser Größenordnung gemacht haben, und dann noch in einer so speziellen Location, ist sehr wenig schief gegangen. Und an den Fehlern werden wir für nächstes Jahr arbeiten.

Wir hätten gedacht, dass es schwieriger ist, ein ganz neues Format zu etablieren – und dann noch ohne “ganz große” Namen. Wie ist das gelungen? Hat Prophecy tatsächlich so viele Fans des Labels selber?

Schwer zu sagen. Am meisten gezogen haben auf jeden Fall Lifelover, Tenhi und Empyrium – das sind für ihre Szene schon recht große Namen. Prophecy ist tatsächlich ein Label, dass als solches Fans hat, aber wieviele Besucher tatsächlich mit dem Großteil unseres Programms vertraut sind, ist schwer zu beantworten. Alle Bands haben mit Sicherheit aber auch ihre eigenen Fangruppen, die wenig Überschneidungspunkte mit denen anderer Bands haben.

Was war das Problem an den permanent brutal überlaufenen Merchandize-Ständen – und wie soll das optimiert werden?

Zu viel Angebot, zu günstige Preise, limitierte und exklusive Releases – da ist einfach ein riesiger Andrang, und auch wenn wir doppelt so viel Personal gehabt hätten, wäre es zu Wartezeiten gekommen.

Die Verlängerung auf zwei Tage wurde ja mehrheitlich begrüßt, das Vorziehen auf Juli (direkte Konkurrenz zu u.a. dem Burg Herzberg-Festival) kritisiert – warum also nicht im Spätsommer/Frühherbst bleiben (aber vor ProgPower Europe und Euroblast)?

Ich glaube, man findet an jedem Wochenende zwischen Juni und September irgendwo in Europa eine andere Parallelveranstaltung. Wir wollten eigentlich schon dieses Jahr in den Sommer, aber unser Wunschtermin war vergeben. Hat alles seine Vor- und Nachteile, aber im Juli ist bestimmt für viele weit Reisende das Camping viel angenehmer.

Band-Links:
Crone
Amber Asylum
Camerata Mediolanense
Wöljager
Darkher
Empyrium
Tenhi
Vemod

Fotos: Tobias Berk