(52:03, CD, Black Widow, 2015)
Wenn man die italienische Prog-Szene der letzten 40 und mehr Jahre betrachtet und mal von den ganz großen der Szene wie PFM, Banco oder Le Orme absieht und sich also mit der “zweiten Reihe” beschäftigt, so finden sich dort zahlreiche Bands, die in den 70ern zwar nicht ganz den Bekanntheitsgrad der erwähnten Italo-Dinos erreichten, die aber nichtsdestotrotz mit teils exzellenten Alben sich länderübergreifend zumindest in Insiderkreisen einen Namen machen konnten. Auch Delirium waren in den frühen Siebzigern in Italien keine Unbekannten, sie veröffentlichten 1971 ihre Debütscheibe “Dolce Acqua”, eine brave Mischung aus Jazz, Pop, Folk und Prog, in der hauptsächlich Sänger/Gitarrist Ivano Fossati den Ton angab, unter anderem waren seine Beiträge an der Flöte ein charakteristisches Merkmal. Er stieg allerdings früh aus, um sich seiner Solokarriere zu widmen. Für ihn übernahm Martin Grice die Parts an der Flöte und auch Saxophon gehörte fortan zum Klangbild der Italiener. Nach langer, langer Pause reformierte sich die Band im neuen Jahrtausend, um schließlich 2009 das Comebackalbum “Il Nome Del Vento” auf den Markt zu bringen. Sechs Jahre später stellen sie nun ihr wohl bisher bestes Werk vor.
Von den Ur-Mitgliedern sind noch Ettore Vigo (Tasteninstrumente) und Martin Grice (Flöte, Sax) mit von der Partie. Letztgenannter ist ja ein gern gesehener (und gehörter) Gast bei diversen italienischen Acts. So wirkte er unter anderem bei Fabio Zuffanti, Il Segno Del Comando, Wicked Minds, Il Cerchio D‘Oro oder auch La Maschera Di Cera mit. Das mag vielleicht auch der Grund sein, dass man bei der Suche nach einem neuen Sänger entsprechend fündig wurde. Denn schnell wird bei dem Gehörten klar, dass dem Italo-Prog Spezialisten diese Stimme bekannt vorkommen sollte. Und in der Tat, es handelt sich um La Maschera Di Cera-Sänger Alessandro Corvaglia, der hier für die inbrünstig in Muttersprache vorgetragenen Gesänge verantwortlich zeichnet. Bassist Fabio Chighini war schon ab 2009 dabei, neu hinzu gekommen sind Drummer Alfredo Vandresi und der junge Gitarrist Michele Cusato, der für ordentlich frischen Wind sorgt.
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Die Wiederauffrischung des Namens Delirirum hat sich eindeutig gelohnt, denn sie präsentieren sich hier in blendender Spiellaune. Das ist peppig, das ist abwechslungsreich, da ergänzen sich Tasten und Gitarre wunderbar, und Grice sorgt mit seinen Blasinstrumenten für zusätzliche Farbtupfer.
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Diese Art von mit gelegentlichen Jazz-Schlenkern unterfüttertem Symphonik Prog ist trotz gelegentlicher Wucht gar nicht überladen, sondern überzeugt durch seine spritzigen Arrangements, die der Rezensent so in dieser Form von dieser Band noch gar nicht kannte. Anspieltipp ist der abschließende 11 ½-minütige Song ‘Il Castello Del Mago Merlino’, wo sämtliche Register gezogen werden. Nach ruhigem Gitarren-/Tastenintro mit nachfolgendem allerfeinsten Flötenspiel kommt mit Einsatz der elektrischen Gitarre plötzlich eindeutig Goblin-Stimmung auf, gefolgt von herzerweichender, jubilierender E-Gitarre im typischen Neoprog-Stil. Doch auch das ist noch nicht das letzte Wort, es folgen noch Parts in einer Art Mischung aus Supertramp und Pink Floyd, wo das Saxophon den Ton angibt. Toller Abschluss einer rundweg gelungenen Scheibe und definitiv ein Highlight der aktuellen italienischen Prog-Szene.
Bewertung: 12/15 Punkten (WE 11, JM 12, HR 13)