(41:44, CD, 10t/JustForKicks, 2015)
Die Arbeitsverteilung ist bei Box Of Shamans eindeutig definiert. Scott Jones: Vocals. Jerry Beller: Drums. Michael Matier: Instruments. Aha, “instruments” sind also Michaels Metier – klingt ganz so, als ob er hier die eindeutige Hauptrolle spielt, denn dahinter kann sich ja eine ganze Menge verbergen (Schlagzeug aber anscheinend nicht). Das geht allerdings jetzt nicht in Richtung Mike Oldfield, sondern klingt wie eine gut eingespielte Prog Band. Und das sollte auch nicht weiter verwundern, denn die Herren musizieren schon seit geraumer Zeit miteinander.
Die Namen könnten auch dem einen oder anderen Progfan geläufig sein. Stichwort: Aus 5 mach 3. Denn bei Box of Shamans handelt es sich um 60 Prozent des Quintetts Heliopolis. Gitarrist Matier übernimmt hier kurzerhand noch die Jobs an Bass und Tasteninstrumenten, ohne dass man diesbezüglich im direkten Vergleich mit dem Fünfer markante Qualitätsunterschiede ausmachen kann. Ähnlichkeiten zur Stammband lassen sich erwartungsgemäß am Gesang von Scott Jones ausmachen, aber dass man hier unter einem anderen Namen antritt und dies eben nicht als zweites Heliopolis-Album auf den Markt bringt, ist angesichts des präsentierten Materials nachvollziehbar. Das Trio wird vervollständigt durch Jerry Beller, der auch schon bei Mars Hollow die Knüppel schwang.
Anfangs wirkt es noch ein wenig unrund, allerdings entsteht dieser Eindruck möglicherweise auch nur, da man zunächst Heliopolis-Ähnliches erwartet. Das bekommt man zwar zwischendurch auch mal geboten, aber Box Of Shamans fahren einen etwas anderen Ansatz. Das Trio geht ganz bewusst den Weg, sperriger zu wirken und mehr Wert auf Experimente zu legen. Durch Sänger Jones wird man gelegentlich an Yes oder Rush erinnert, so trägt das leider nur sehr kurze, balladeske ‘All For You’ beispielsweise typisch Andersonsche Züge. Aber was haften bleibt, sind nicht die kurzen Melodie-betonten Nummern, sondern die eher nicht so leicht zugänglichen Parts.
Matier, Ende der 90er übrigens auch bei Ten Jinn aktiv, setzt seine Gitarre sehr variabel ein und arbeitet gerne mit verschiedenen Effekten. Ein gutes Beispiel für den Sound von Box Of Shamans liefert der längste Song des Albums, das 10 ½-minütige ‘The Search‘. Da wird sehr abwechslungsreich musiziert, ausgedehnte Instrumentalausflüge ebenso wie feine Satzgesänge eingeschlossen. Richtig schräg wird es eigentlich nie, Melodie-verwöhnte Fans sollten durch die experimentelleren Parts nicht abgeschreckt werden, denn die Amerikaner finden auch immer wieder zurück in die Spur moderaterer Klänge. Gegen Ende kommt auch wieder deutliches Yes-Feeling auf. Hier nicht durch den Gesang, sondern aufgrund Matiers Arrangements an Tasten und speziell an der Gitarre, da erinnert es bisweilen ein wenig an “Tales from Topographic Oceans”.
Auch wenn vielleicht nicht alles zündet, so ist dem Trio doch ein vielversprechendes Album gelungen. Mal sehen, wie es zukünftig mit Box of Shamans weiter geht. Oder mit Heliopolis. Oder beiden.
Bewertung: 11/15 Punkten (JM 11, KR 10)