Glacier – Ashes For The Monarch

Glacier_Ashes For The Monarch(55:49, CD, Glaciermusic/Just For Kicks, 2015)
Der Fall ist eindeutig – hier wandelt eine britische Band auf den Pfaden der progressiv-musikalischen Gründerväter von Genesis, Yes, Camel, Emerson, Lake & Palmer, und Pink Floyd. Die im nordöstlichen England in der Grafschaft Durham beheimateten Glacier bestehen schon seit 1979, veröffentlichen im Jahre 2015 mit “Ashes For The Monarch“ allerdings erst ihre zweite Scheibe.

Das Sextett – mit zwei Leadsängern – lässt sich außerdem von zwei Gastmusikern begleiten, wobei neben einem Erzähler auf dem letzten Floyd-lastigen Schlusstrack ‘The Isle Of Glass (Outro)’ vor allem Violinistin Gemma Elysee auf drei der sieben Tracks zu gefallen weiß. Die Kompositionen sind auch von der Länge und der dramaturgischen Inszenierung an ihre Vorbilder ausgerichtet. So gibt es neben dem obligatorischen 23-minütigen Longtrack ‘One Man Alone (Parts I – XI)’ ebenso ein charmantes ‘Mood For A Day’, das hier ‘Lightwing’ heißt. John Youdale spielt dabei fast drei Minuten lang sehr gefühlvoll und ansprechend ebenfalls auf einer Gitarre mit Nylonsaiten.

Glacier starten mit dem viereinhalbminütigen Eröffnungstrack ‘Whichone’ mit einer pfiffigen Idee, die sie möglicherweise den ersten drei Queen-Alben abgeschaut haben. Denn sie greifen hier das Thema des Schlusstracks ‘Whichone (Outro)’ ihres letzten Albums “Monument” von 2001 wieder auf und ergänzen das Stück um rockig geprägtes Kompositionsgut, das nach Steve Hackett/Steve Rothery klingt. Musikalisch orientieren sie sich auch immer wieder gerne an Themen ihrer Vorbilder, sodass unter anderem Fragmente aus ‘Cinema Show’ oder ‘Tempus Fugit’ zu vernehmen sind. Außerdem arbeiten sie zusätzlich des Öfteren mit Geräusch- und Sprachsamples. Insgesamt erinnert die Grundstimmung des Albums an Atmosphären, wie man sie auf “Wind And Wuthering“ oder “Voyage Of The Acolyte“ vorfindet. Wobei fette Keyboardwände, Mellotron-Wolken und Fingerflitze-Tastenläufe von Keyboarder Dave Kidson auch Trademarks von “Ashes For The Monarch“ sind.

Thematisch lässt sich die Band unterschiedlichst inspirieren. So liegt zum Beispiel dem sechsminütigen ‘Hell And High Water’ die Atmosphäre des futuristischen Los Angeles in Ridley Scotts Film “Blade Runner“ zugrunde. Im Longtrack ‘One Man Alone’ vertonen sie wiederum die Geschichte des Wolfsmenschen Lawrence Talbot, die 1941 als US-Amerikanischer Horrorfilm in die Kinos kam.

Auch wenn das Titelcover von Yvonne Bannister auf dem schmalen Digipak unterkühlt grau wirkt, so sind im zwölfseitigen Booklet doch noch fünf weitere ansprechende atmosphärische Motive zu finden.

Abstriche sind allerdings trotz zweier Leadsänger und der Unterstützung von Gitarrist John Youdale gerade beim Gesang zu machen. Produktionstechnisch kann das Werk auch nicht überzeugen, da eine warme Klangfülle sowie luftige Räumlichkeit nicht die Stärken dieser Abmischung sind.

Insgesamt weiß “Ashes For The Monarch“ trotzdem punkten und sollte vor allem Anhängern von Steve Hackett, Andy Latimer oder Steve Rothery eine Hörprobe wert sein.
Bewertung: 9/15 Punkten (WE 9, JM 7, KR 9, KS 8)

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