(53:15, CD, Ruf/In-Akustik, 2014)
Was für ein glorreiches Comeback! Nach der Parkinson-Erkrankung von Jon Hisemans Ehefrau und Saxophon-Virtuosin Barbara Thompson (u.a. Paraphernalia) hatte es nach dem finalen Tourstopp für Colosseum ausgesehen – von neuen Plattenaufnahmen ganz zu schweigen. Doch eine neue Medikamentierung hatte beides möglich und die alte Wanderlust es wohl überdies auch erforderlich gemacht: Die Band war – soweit möglich in Originalbesetzung – im November 2014 und im Februar 2015 auf gefeierter Konzertreise und hatte dabei sogar neues Material im Gepäck!
Wenn eine Band mit einem Altersdurchschnitt von um die 70 ihr aktuelles Werk “Time On Our Side” nennt, ist dies entweder böse ironisch oder altersweise. Bei diesen Briten ist von letzterem Fall auszugehen. In Summe wurde bei dem auf Ruf Records erschienenen Werk der Jazz- etwas herunter- und der Blues-Anteil etwas hochgefahren, aber ohne, dass dies für alte Fans je wirklich problematisch würde.
Das eröffnende ‘Safe As Houses’ ist sogar ein angejazzter Soft Reggae, ‘Dick’s Licks’ laid-back strutting, ‘City Of Love’ und ‘You Just Don’t Get It’ haben fast einen Steely Dan-Groove – man sieht also, Genres sind Schall und Rauch, jedenfalls in dieser Leistungsklasse.
Den relativ braven ‘Blues To Music’ singt Ana Gracey – Tochter von Barbara und Jon – im Duett mit dem alten Kämpen Chris Farlowe. Apropos Gesang: Auch Bassist Mark Clarke (u.a. Tempest) verfügt über eine bemerkenswerte Stimme, unüberhörbar etwa bei der auch von ihm geschriebenen Ballade ‘Nowhere To Be Found’.
Dave Greenslade, Komponist der gottvollen ‘Valentyne Suite’, brilliert ein ums andere Mal mit seinem Orgel- und bei ‘Dick’s Licks’ auch mit seinem Rhodes-Spiel. Und wenn man Clem Clempson beispielsweise auf ‘City Of Love’ solieren hört, kann man nachvollziehen, warum der Gitarrist von u.a. Humble Pie und Jack Bruce & Friends auch im Gespräch für die Blackmore-Nachfolge bei Deep Purple war. “New Day” singt er auch sehr achtbar. Mit ‘Morning Story’ findet sich abschließend auch noch eine Komposition des leider verstorbenen Jack Bruce, einem langjährigem Freund der Band. So lange es solche Comebacks (bzw. solche Comeback-Alben) gibt, ist die Zeit auch auf Seiten der Fans anspruchsvoller Rockmusik.
Bewertung: 12/15 Punkten (WE 11, KR 12, KS 10)
PS: Im Februar hat die famose Formation nach eigenen Aussagen nun doch wirklich ihr letztes Konzert gespielt – ein Grund mehr, diese Konserve zu feiern!
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Handmade Concerts, deutscher Veranstalter der Band
Wikipedia
Anschauungsmaterial zum Bonner Konzert
Ein Kommentar
Sie kommen zum Night of The Progrock Festival zur Loreley am 19.7.2020. 🙂