Alles Gute. Live verstehen sich auf einen stilvollen Einstieg. Eine der ersten Veranstaltungen der noch jungen, aber von sehr erfahrenen Profis gegründeten Agentur für “Booking, örtliche Durchführung (von Konzerten u. Festivals), Eventmanagement und Tourmanagement” bringt gleich die Spiritual Beggars an den Start. Nomen est omen! Zuvor aber galt es noch den Austragungsort zu würdigen – einen Club mit authentisch-uriger Bahnhofsatmosphäre, zu der nur die für Getränke aufgerufenen Puffpreise nicht recht passen wollen.
Gleichfalls zu würdigen war natürlich der “Death’n Roll” von Jesus Chrüsler Supercar. Das schwedische Quartett mit Vorliebe für amerikanische Straßenkreuzer und deutsche Umlaute zeigte sich experimentierfreudig: Wie tief kann man Gitarren stimmen, bevor man selbst über runterhängende Saiten stolpert, und wie laut kann man aufdrehen, bevor den Zuhörern das Blut aus Ohren und Nase suppt? Ohne professionellen Gehörschutz ging hier leider gar nichts, das Pfeifen von den ersten noch ungeschützten Takten blieb auch am nächsten Tag ein ständiger Begleiter. Unnötig und schade, denn die Songs wie ‘Backfire’ vom aktuellen Album “35 Supersonic” sind zwar sämtlich betont simpel gestrickt, grooven aber teilweise toll, ebenso und ganz besonders ‘Death Row Blues’ von “Among The Ruins And Desolate Lands”. Hier kommt auch das teils Lemmy-artige Gebell von Front- und Bassmann Robban Bergeskans gut zum Tragen.
Nach der namensgebenden Hymne ‘JCS’ und ‘Before I Turn You Down’ bot die kurze Umbaupause gern genommene Erholung, die auch nötig war, für WolveSpirit. Das Quintett aus Würzburg verhaut zwar beim ersten Einsatz den Satzgesang des eröffnenden ‘Dreamer’ (Titelsong der aktuellen EP), geht aber so sympathisch wie professionell damit um. Das war uns allemal lieber als das Gehör mordende Chrüsler-Anlassen zuvor. Die Stimme von US-Amerikanerin Debbie Craft ist live mindestens so kraftvoll wie von Platte. Ihr cooles Hippie-Outfit fördert den authentischen Gesamteindruck. Der Umstand, dass Tastenmann Oliver Eberlein eine echte Hammond verwendet, nutzt neben der scharfen Optik zusätzlich natürlich auch dem Sound.
Nun steigt unter herrlichem Orgeleinsatz ‘Holy Smoke’ auf, worauf wiegend ein ‘Angelman’ erscheint. Und das ohne vorher ‘Knocking On Your Door’ veranstaltet zu haben. Der Zeitreisen-Song ‘Time Lord’ klingt selbst wie eine: nach einem Jam von Uriah Heep (mit denen WolveSpirit schon getourt sind) mit … – Wucan vielleicht. Nach ‘This Is Love’ und ‘I Am Free’ endet das bis auf die etwas arg häufigen “Cologne!!!”-Animationsversuche rundum begeisternde Set wie es sich gehört, nämlich mit der Hymne der Wölfe: ‘Moonlight’.
HIGH Spirits
Den Top-Act in einem Kölner Club bewundern zu können, löste beim diensthabenden Betreuer heftige Nostalgiegefühle aus, war doch ein Rapport zum Auftritt der Spiritual Beggars 2000 im Luxor der erste veröffentlichte Konzertbericht des Schmierfinken. Doch auch ohne solche Altlasten konnte man sich beim auf das Intro folgenden ‘Left Brain Ambassadors’ von Meisterwerk Ad Astra (2000) in Gänsehäute hüllen. Aus jüngster Zeit stammt hingegen ‘Sunrise To Sundown’, das Titelstück des ebenfalls gelungenen aktuellen Albums. Inzwischen wurde Folgendes immer deutlicher: Per Wiberg (Keyboards; u.a. Candlemass, Kamchatka, Ex-Opeth) und Apollo Papathanasio (Gesang, Ex-Firewind) traten in sagenhafter Form und Spiellaune an – Auf Pers Soli wartet man inzwischen wie früher auf die eines Jon Lord (R.I.P.) oder Keith Emerson (R.I.P.). Solchen Star-Status genießt Meistergitarrist Michael Amott (u.a. Arch Enemy) schon lange, an diesem Märzabend war er irgendwie falsch gefusselt. Don’t get me wrong – es waren zu keinem Zeitpunkt richtige Ausfälle à la Michael Schenker erkennbar. Dennoch wirkte der schwedische Virtuose abwechselnd desorientiert und angestrengt, das bestätigten uns auch unabhängige Kenner der Band. Um so mehr legten sich seine Mitstreiter ins Zeug. Wenn es je ein Rock ‘n’ Roll-Tier gab, dann Sharlee D’Angelo (Bass; Arch Enemy, Witchery), und auch Ludwig Witt (Schlagzeug; u.a. Grand Magus, Firebird) ist live ein großartiges Erlebnis, nicht zuletzt bei seinem packenden Solo.
Weiter ging’s mit ‘Hard Road’, ‘Euphoria’ (monströse Mellotron-Wollust!), dem aktuellen ‘Diamond Under Pressure’, ‘One Man’s Curse’, ‘One Man Army’, ‘Dark Light Child’, ‘Wonderful World’ (vom besagten “Ad Astra”), ‘Fool’s Gold’, ‘Dreamer’, ‘Turn The Tide’, ‘Lonely Freedom’, ‘Wise As A Serpent’, ‘Beneath The Skin’, ‘Blind Mountain’ und schließlich ‘Mantra’. Beseligender Stoff, auch wenn man dem Chef und Axeman Michael eine etwas bessere Verfassung gewünscht hätte.
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Live-Fotos: Tobias Berk