Stern Combo Meissen – Bilder einer Ausstellung
(73:59, CD + DVD, BuschFunk Musikverlag, 2015)
In den 1970er-Jahren interpretierte die Stern Combo Meissen Material von Emerson, Lake & Palmer sowie klassische Musik im rockmusikalischen Gewand, bevor sie sich fast ausschließlich auf eigenes Material konzentrierte. Leider erlebte der 2014 verstorbene Thomas Kurzhals, lange Keyboarder und Hauptkomponist der Band (z.B. des legendären 78er-Werkes „Weißes Gold“), die hier dokumentierte Aufführung von Modest Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung“ nicht mehr. Diese Neuinterpretation ist ganz in seinem Geist und in der frühen Tradition der Stern Combo gehalten. Der Schreiber dieser Zeilen hätte im Sommer 2001 beinahe einer Performance dieses Werkes bei einem Open Air in einem Steinbruch nahe Meissen beigewohnt – damals noch mit Originalsänger Reinhard Fißler und zusammen mit einem Sinfonieorchester. Doch es sollte wohl nicht sein – leider sorgte ein sintflutartiger Regenguss dafür, dass nach dem Auftritt des Orchesters die Stern Combo Meissen ihre „Bilder einer Ausstellung“-Interpretation nicht spielen konnte. So ist das Leben.
Mehr als ein Jahrzehnt später liegt nun ein „Bilder einer Ausstellung“-Livemitschnitt der aktuellen Stern-Combo-Besetzung in Bild und Tor vor, aufgenommen im Rahmen des 1. Landesmusikfestes Sachsen in Grimma mit dem Leipziger Symphonieorchester und dem Landesjugendchor Sachsen. Um es kurz zu machen: Die lange Wartezeit hat sich gelohnt. Sowohl das Orchester als auch die Band um Gründer Martin Schreier präsentieren sich konzentriert und in ausgezeichneter Spiellaune, auch der aktuelle Frontmann Manuel Schmid (Gesang, Keyboards) macht eine prima Figur. Gerade er sorgt dafür, dass Stern Combo Meissen ein gehöriger Schub in frischer Musikalität und erhabener Vokalkunst verliehen wird. Den Löwenanteil der Bearbeitung und Arrangements des klassischen Parts übernahm jedoch Dirigent Stephan König.
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Wer eine mehr oder weniger lasche Wiederholung der ELP-Interpretation erwartet, wird überrascht: Die Stern Combo bildet bei dieser Fassung eine Einheit mit Chor und Orchester, zudem webt sie eigene Titel wie u.a. Ausschnitte von „Das alte Schloss“ von 1978, aber auch Mussorgskis „Eine Nacht auf dem kahlen Berge“, so geschickt in den Gesamtkontext ein, dass alles zu einem einheitlichen großen Ganzen verschmilzt. Eine perfekte Mischung aus Klassik, jazzrockigen Elementen und sinfonischem Artrock, mit lyrischen Momenten aber auch expressiven Ausbrüchen, füllt die mehr als 70 Minuten Spielzeit. Einziger Kritikpunkt: Leider enthält die DVD außer dem Konzert und einem kurzen, humorvollen Schlagzeugsolo als Bonus keine weiteren Informationen zum Auftritt, bzw. zur Stern-Combo-Zusammenarbeit mit dem Orchester. Schade, über das Zustandekommen dieser fruchtbaren Beziehung hätte man gerne mehr erfahren.
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2011 hatte die Stern Combo mit dem Album „Lebensuhr“ einen Neuanfang mit neuem Material gewagt und damals auch Mitglieder von Toxic Smile ins Line-up integriert, wenig später jedoch trennte sich die Band. Damals war die Befürchtung groß, dies könnte das Ende sein. Doch bereits 2013 überzeugte eine neue Besetzung um Thomas Kurzhals mit der CD/DVD „Stern Combo Meissen im Theater am Potsdamer Platz“. Und jetzt löst das Package, von dem hier die Rede ist, Begeisterung aus. Die Stern Combo bewegt sich damit fernab von seliger Ostalgie keineswegs nur als Verwalterin ihrer eigenen Legende. Mit diesem Album beweist sie noch immer und wieder rockmusikalische Relevanz. Chapeau!
P.S. Nachtrag am 17.2.: Leider verstarb am 13.2. der ehemaliger Stern Combo Meissen Sänger Reinhard Fißler nach jahrelangem Kampf gegen die heimtückische Erkrankung ALS.
Bewertung: 12/15 Punkten (JM 12, KS 12)
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Reinhard Fißler
Wikipedia
Abbildungen: Stern Combo Meißen / Buschfunk