»Es hat fast keinen Abend gegeben, wo man nicht z. B. noch zusammen ´nen Film geschaut hätte«
Eines der bisherigen Konzerte des Jahres und ein Nachfolger für das sensationell feine “Creation’s Finest“-Album – wir müssen reden! Das sah Mother’s Cake-Schlagwerker Jan Haußels auch so.
Glückwünsche zum neuen Album und überhaupt zu den teils ja schier unglaublichen Erfolgen und Fortschritten der letzten anderthalb Jahre!
Vielen Dank!!
(35:04, Panta R&E/ , 2015)
Bewertung: 12/15 Punkten
“Creation’s Finest” war schon so speziell, dass es wirklich schwer zu toppen ist. Wie würdet ihr selbst die hauptsächlichen Unterschiede zum Debüt beschreiben: Songwriting, Produktion, Arrangements?
“Love The Filth” unterscheidet sich tatsächlich in allen Punkten ein klein wenig. “Creation’s Finest” ist noch deutlich “unschuldiger” entstanden. Gerade was Produktion und Arrangements betrifft wurde in anderer Art und Weise an LTF gearbeitet und bspw. das Thema “Filth” schon auch in der Auswahl der Sounds berücksichtigt. Um es mal zusammenzufassen: Wir haben ein paar neue Wege außer dem “Plug and Play” entdeckt, aber schlussendlich auch wieder nur die Spitze des Eisbergs gesehen. Umso motivierter geht es jetzt sofort weiter mit der Arbeit am dritten Album!!
Was bedeutet Dir Godzilla/Gojira? Kennst Du die französische Formation gleichen Namens?
Ich habe eine große Vorliebe für trashige alte Kung Fu Streifen, Monstermovies und Lowbudget Produktionen! Ein alter Gojira war immer schon gut für nen verkaterten Sonntagmittag. Nur gibt es eben einen riesen Unterschied zum amerikanischen Godzilla. Gojira ist eigentlich oft die letzte Rettung der Menschheit und verdient deshalb mehr Anerkennung – fanden wir zumindest!
Zur französischen Band gibt es tatsächlich eine interessante Verbindung: Als ich die ersten Bilder vom Videoshoot mit den Worten “Shooting for Gojira” an unseren damaligen Techniker Stefano sendete, konnte der es schier kaum glauben, da er wohl 20 Minuten davor eine Anfrage als Monitortechniker für Gojira erhalten hatte. War wohl etwas zu viel des Monsters für ihn in dem Moment (lacht). Nun schwärmt er uns immer vor, wie lieb und geil die Produktion ist und ich erhoff mir heimlich Tickets, falls sie mal in der Nähe sein sollten …
Auf dem neuen Album scheint mehr instrumental zu passieren – falls ihr das auch so seht: warum ist das so?
Das ist aus unserer Perspektive ganz schwierig zu beurteilen. Man steckt selber so tief drin und bekommt seine eigene Entwicklung überhaupt nicht mit/ zu spüren. Da verlassen wir uns auf Dein Urteil und sagen: Ja, warum nicht?
Zu den Triumphen der letzten Zeit gehört die 42 Shows-in-20-Ländern-Tour mit Anathema -Ein größerer Kontrast zwischen Eurer komplexen “In Your Face”-Musik und dem altersweisen Ansatz der Cavanaghs, die ausdrücklich nicht mehr auf ihre “Metal”-Vergangenheit angesprochen werden wollen, ist ja kaum möglich. Wie hat die Band Euch behandelt und wie seid ihr bei den Fans angekommen? Was tat sich am Merch-Tisch?
Der Kontrast war groß, die Fans aber sehr offen und sie vermittelten uns nie das Gefühl, fehl am Platze zu sein! Die Cavanaghs, Douglases und Cardosos sind unglaublich liebe und tolle Menschen! Wir hatten eine wirklich geile Zeit zusammen und wurden super herzlich und freundschaftlich behandelt. Eigentlich hätte die Band ihren eigenen privaten Bereich im Bus gehabt, aber es hat fast keinen Abend gegeben, wo man nicht noch zusammen ´nen Film geschaut oder auf norwegischen Straßen mit DJ Tonto ‘ne Elektro Sause gefeiert hätte – wirklich fabelhafte Leute!!
Weitere Großtaten: Support für u.a. Iggy Pop, Deftones, Living Colour! Nicht zu vergessen die Headliner-Tour durch Australien und ganz aktuell Support für Limp Bizkit in Deutschland und Großbritannien! Wie bekommt man als relativer Newcomer aus Österreich so etwas hin? Welche Rolle spielen dabei konkret Govinda Artist Services?
Dahinter steckt unser Manager und “Bandpapa” Stefan Penz. Das ist auch die Antwort auf die Frage, wie man so etwas hinbekommt: Man sucht und findet jemand der sämtliche Zeit und Perspektive opfert und sich den Arsch im Hintergrund aufreißt. Das hat nichts mit dem verpönten Manager-Begriff der Achtziger zu tun, die ahnungslosen vollgedröhnten Musikern die Prozente abgeschwatzt haben. Es bedeutet Teil der Band zu sein und den ganzen Müll aber auch die schönen Zeiten und Erfolge gemeinsam zu erleben. Schon romantisch: Wir haben dich sehr lieb, lieber Stefan!
Das neue Album wird in Deutschland promo-technisch seitens Noisolution betreut – warum und wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?
Möchtest du die Frage beantworten Stefan? Das weißt du besser …
Stefan Penz: Der Kontakt stammt von unserem Label GAB Music bzw. Panta R&E. Die Kooperation mit Noisolution war auch so eine glückliche Fügung. Der Arne Gesemann brennt für das Thema, er und seine Mannen geben immer 120 Prozent, bleiben dabei aber immer realistisch mit ihren Einschätzungen. Mother´s Cake war sicher kein Thema, wo Du von vornherein offene Türen einrennst. Aber gerade in der Promo ist es wichtig, nicht irgendeine Nummer im Portfolio des “Pluggers” zu sein. Bei den vielen Veröffentlichungen und dem dichten Live-Markt, macht es einfach einen Unterschied, ob das Promo-Team motiviert ist und Dich noch in die vollen Rezensionsseiten der Magazine “reinquetscht”.
In Köln, wo ihr ein wirklich unglaublich tolles Konzert gespielt habt, war Euer Support das wohl in Köln ansässige Multikulti-Kollektiv Who Knows. Obwohl wir die vorher auch eher gar nicht auf dem Radar hatten, fanden wir auch diese Band enorm überzeugend und vor allem sehr passend für den Anlass. Am meisten fiel auf, wie positiv sich das live Gebotene vom Album unterschied. Wer hat die Band wie ausgesucht (ihr, der Booker, das Underground Cologne?). Wie läuft das sonst bei Euren Headliner shows?
Das lief über unseren Label-Chef Jonathan Gabler. Der Dad von deren Drummer ist Percussionist und war früher mit Georg Gabler am Werk, seines Zeichens Produzent unserer beiden Alben – der Kreis schließt sich. Wir wussten eigentlich auch nicht so recht, was sie live machen würden, aber wie du schon sagtest: Geile Band und geiler Abend – Backstage war auch absolut nicht zu verachten später …
Ihr seid erkennbar viel unterwegs – lassen sich da noch Brotjobs organisieren oder lebt ihr drei von der Musik?
Wir haben seit der Anathema-Tour die Brotjobs an den Nagel gehängt und sind seit dem hauptberuflich Rocker – macht sich beispielsweise immer gut bei ´nem Beratungsgespräch bei der Bank bzw. es geht dann dort viel schneller (lacht).
Journalisten tun sich schwer, Euch über Vergleiche zu beschreiben, ich selbst hab mir mit ” eine außer Kontrolle geratene Mischung ausInga Rumpf, Bixler-Zavala und Jay Buchanan […] Keziah Jones und Jimi Hendrix” einen abgebrochen. Wie beschreibt Ihr Euch selbst, wer sind etwaige Vorbilder?
Das beschreiben überlassen wir der Presse. Was ich eher sagen würde, dass wir vielleicht ein recht wandelbares Konstrukt sind und dementsprechend schwer zu fassen sind. So wie wir uns wandeln, ändern sich auch die Vorbilder. Jetzt könnte ich dir Hiatus Kayote, Flying Lotus, Thundercat, Nine Inch Nails und Elbow nennen. In zwei Wochen sieht das bestimmt schon wieder anders aus…
Was kann jetzt noch kommen? Vorgruppe für die wiedervereinigten The Mars Volta?
Aufnahmen mit Symphonie-Orchester? Im Ernst, wie sehen die nächsten Pläne aus, sind noch Träume über geblieben?
Oh das wäre schon ein großer Traum. Vor allem die Wiedervereinigung – wenn wir dann noch live daran Teil haben dürften, ginge ich sicher mit verheultem Gesicht auf die Bühne. Offen sind wir für alles. Jetzt starten wir wie gesagt erst einmal mit dem dritten Album und haben wie es aussieht auch schon den Produzent und das Studio unserer Träume gefunden.
Was, wenn überhaupt etwas, bedeutet für Euch “Prog”/”progressive“?
Das ist sehr schwer. Ich hab den Begriff mit der Band Mars Volta kennengelernt und war begeistert: Ich wollte unbedingt in einer progressiven Band spielen. Dann hab ich gewühlt und natürlich Legenden wie Zappa und King Crimson für mich entdeckt – ich habe aber auch gehört das der moderne Begriff “progressiv” eigentlich oft schon für mathematisch perfekt berechnete “Sportmusik” steht, der für mich die Spontanität und Wandlungsfähigkeit fehlt.
Das soll nicht zu negativ gemeint sein – so sehen wir uns nur nicht und deshalb schreiben wir uns das Kürzel wohl auch nicht mehr hin. Falls wir mal Teil einer modernen progressiven Bewegung sein dürften, die wieder für geniale Aussetzer à la Zappa steht und die auch die jüngere Generation fesseln kann, wäre mir nichts lieber.
Thank you for the music!
Danke für’s Interview!!
Surftipps zu Mother’s Cake:
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Live-Fotos: Tobias Berk